Montag, 28. Januar 2013

Zum literarischen Werk / Überblick



Vor sechs Jahren starb der Komponist und Schriftsteller Wolfgang Schoor (1926-2007). Die Beiträge in diesem Blog wollen an ihn und sein Werk erinnern. Eine ausführliche Zusammenstellung seiner Kompositionen enthält der Wikipedia-Eintrag.


  • Anmerkung: Unterstrichene Textteile werden im Laufe der Arbeit an diesem Blog noch genauer ausgeführt, mit Illustrationen versehen bzw. verlinkt usw. 
  • Bei Mausklick auf Fotos und Grafiken öffnet sich eine vergrößerte Ansicht.

Obwohl Schoor sich hauptsächlich als Komponist sah, hat er auch Gedichte, einen Roman, Hörspieltexte und ein Libretto geschrieben. Der Nachlass enthält außerdem viele Seiten Prosa-Entwürfe sowie einige  Nachdichtungen. 

Die erste Buchveröffentlichung stammt aus dem Jahr 1960. Zwischen Last und Straße ist eine Sammlung von 18 Gedichten. Dem programmatischen Eröffnungstext ("Was ich bin", S. 7), in dessen Schlussversen sich auch der Titel des schmalen Bandes findet, ist ein Motto von Laotse vorangestellt:

Dreißig Speichen kommen in der Nabe
zusammen; aus ihrem zusammen-Sein
entsteht der Nutzen des Rades.



 

Die im Verlag Volk und Welt herausgegebene Lyrik-Reihe Antwortet uns! sollte den "lebendigen Kontakt zwischen Dichter und Leser" herstellen. Die Aufforderung war wörtlich gemeint: Wer wollte, konnte die in den Einband integrierte Postkarte heraustrennen und mit seiner Antwort versehen an den Verlag einsenden. Allerdings wurde von dieser Möglichkeit offenbar höchst selten Gebrauch gemacht (mündliche Auskunft von M. Dreyfuß an W. Schoor). Die Hefte kosteten 1,95 DM. In Nr. 21 war Lyrik von Rudolf Bahro erschienen (In dieser Richtung), in Nr. 23  folgten Gedichte von Fritz Weichelt (Unterwegs)


Die Postkarte war Teil des Konzepts der Lyrikreihe Antwortet uns! 





Wie Dokumente im Nachlass vermuten lassen, handelt es sich bei Zwischen Last und Straße um das, was von einem größeren Vorhaben übriggeblieben ist: Ein weit umfangreicheres Typoskript hatte in der von Schoor vorgelegten Form offenbar nicht die Zustimmung des Verlages Neues Leben gefunden (vgl. "Von Untergang und Zuversicht"). 

Die Rezension in der Tageszeitung Neue Zeit war freundlich und sah in dem Heft "ein Versprechen für die Zukunft". Er blieb jedoch Schoors umfangreichste Lyrikveröffentlichung. In Vorbereitung ist eine Veröffentlichung aus dem Nachlass, die voraussichtlich den Titel Zwischen Last und Straße. Eine Nachlese tragen und ca. 45 größtenteils ungedruckte Gedichte und Gedichtfragmente enthalten wird.   



   
     Titel und Klappentext

 
1966 erschien im Union Verlag Berlin der Roman Die Stunde in Peyresq, den Schoor seiner Ehefrau Ke Schoor widmete. "Als der Roman erschien, war er für mich ein altes Buch", hat der Autor bei mehreren Gelegenheiten erwähnt. Er spielte damit auf die langwierigen Auseinandersetzungen an, in denen es um  Änderungen am Manuskript ging. In einem privaten Brief schrieb Schoor, der im Dezember 1961 abgelieferte Roman habe dem Union-Verlag "einjährige Bauchschmerzen" bereitet, und seit Anfang des Jahres [vermutlich 1963] wieder dem Autor: Er sei "z. Z. mit der zweiten Kastration des Manuskripts befaßt". "Da ich jedoch so behutsam zu Werke gehe, daß die Keimfähigkeit noch erhalten bleibt – was den Lektoren u. anderen mit dem Manuskript Befaßten nicht verborgen bleiben dürfte –, werde ich die 500 Seiten also nicht so bald gebunden in den Händen halten." Die Kritik an als politisch bedenklich eingestuften Passagen sei nicht von den Verlagslektoren (das Buch wurde u. a. von Johannes Bobrowski betreut) gekommen, sondern offenbar im Druckgenehmigungsverfahren geäußert worden (mündliche Mitteilung von W. Schoor, Ende siebziger Jahre).[Gutachten?]

Eine ursprünglich geplante Fortsetzung, für die der Verfasser einen Vorschuss erhalten hatte, kam nie zustande. So blieb es Schoors einziger Roman. Er beschrieb ihn später selbstkritisch als "überladen" und daher verfehlt. Stephan Hermlin, dessen Urteil Schoor sehr schätzte, habe ihm (sinngemäß) gesagt: "Ich hatte gehofft, ich würde einen neuen Romancier kennenlernen, aber dieser Wunsch hat sich nicht erfüllt."

Abgesehen davon, dass Ke und Wolfgang Schoor eine Zeitlang mit dem Gedanken spielten, sich in Peyresq niederzulassen, trägt die Romanfigur Klaas Lermans ausgeprägte autobiografische Züge. Im Kapitel "Djira und Zweier Menschen Passion" erscheint er u.a. als Verfasser der drei Gedichte "Alpes de Provence" (vorher in: Zwischen Last und Straße, S. 25-28) und "Graffiti in Paris" (Die Stunde in Peyresq, S.433-436).

Mitte der siebziger Jahre trug Schoor sich mit dem Gedanken, das zentrale Kapitel "Turnusflug" zu überarbeiten, zu erweitern und dem Militärverlag als eigenständige Veröffentlichung anzubieten. Im Nachlass finden sich keine Hinweise darauf, dass dieser Plan ernsthaft verfolgt wurde.